Böses Cholesterin – Mythos oder Fakt!?

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Seit beinah einem Jahrhundert scheiden sich die Geister um die körpereigene, fettähnliche Substanz, das Cholesterin. Das allgemeine Interesse und die Bedeutung für die Gesundheit sind so enorm, dass jedes Jahr neue wissenschaftliche Studien und Mythen durch die Presse wandern. Heutzutage wird in jedem Boulevardblatt von „Gutem“ und „Schlechtem“ Cholesterin berichtet. Doch wie kommt das Cholesterin zu dieser Prominenz und wie entstand der ambivalente Ruf?

Ein historischer Exkurs – die 7 Länder Studie

Böse wurde das Cholesterin erstmals durch die Studienergebnisse des amerikanischen Forschers Ancel Keys in den 1950er Jahren. Dieser untersuchte die Essgewohnheiten von Menschen aus 22 Nationen und die allgemeine Sterblichkeitsrate durch Herzkreislauferkrankungen.
Sein Ergebnis war:

  • Je höher der Anteil an gesättigten Fettsäuren in der Nahrung, desto höher der Cholesterinspiegel, desto höher die Sterblichkeitsrate durch Herzkreislauferkrankungen

Die Kernaussage von Ancel Keys „Fett Hypothese“ lautete: Rotes Fleisch, Eier, Butter und tierische Fette beinhalten enorme Mengen an ungesättigten Fettsäuren. Diese Fette führen zu einem hohen Cholesterinspiegel im Blut und erhöhen das Risiko an einer Herzkreislauferkrankung zu sterben.

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Unterschlagene Daten und Pharmaindustrie

Seine Fett-Hypothese bewies Ancel Keys anhand von 7 Nationen. Untersucht wurden jedoch die Essgewohnheiten aus 22 Nationen. Länder wie Frankreich oder Chile waren leider nicht mit der Hypothese kompatibel und mussten aus der Auswertung ausscheiden. So essen die Franzosen z.B. verhältnismäßig fettreich, leiden aber seltener an Herzkreislauferkrankungen.

Zu allem Übel übernahm die American Heart Association (AHA) die Forschungsergebnisse und propagierte diese Weltweit. Mit grotesken Werbekampagnen schürten sie die Angst in der Bevölkerung.
Auch die Lebensmittelindustrie begrüßte die neue Situation und etablierte Margarine, Pflanzenfett und Light-Produkte. Die Pharmaindustrie vermeldete Rekordgewinne mit cholesterinsenkenden Statinen.

Was ist Cholesterin?

Wie bereits erwähnt ist Cholesterin eine fettähnliche Substanz, jedoch kein Fett. Es ist Bestandteil jeglicher tierischer Zellen und beeinflusst vor allem die Fluidität der Zellmembran. Es ist Bestandteil unserer Gallensäure und ist an der Produktion von zahlreichen Hormonen wie Cortisol, Testosteron und Vitamin D beteiligt. Cholesterin ist vor allem Bestandteil tierischer Nahrung.

Cholesterin – Stoffwechsel und Bedarf

Viele Zellen des menschlichen Körpers können Cholesterin selbstständig produzieren, wobei die Leber dabei die Hauptrolle spielt. Das in der Leber hergestellte Cholesterin wird vereinfacht gesagt durch low density lipoproteins(LDL) zu Zielzelle transportiert. Zielzellen haben ein LDL-Rezptor und nehmen dadurch das Cholesterin auf. Dort wird es in die Zellmembran eingebaut bzw. als Cholesterinester gespeichert. Der Rücktransport zur Leber erfolgt durch das high density lipoprotein(HDL).

Der tägliche Bedarf an Cholesterin beträgt im Durchschnitt 0,5g – 1,5g. Der Körper ist in der Lage 0,4g – 1,2g selbst zu produzieren. Die restlichen ~30% werden durch die Nahrung aufgenommen. Nur etwa 40% des aufgenommenen Cholesterins können im Darm resorbiert werden.
Bis zu 1g des Cholesterins gelangt als Gallensäure (genauer Gallensalze) in den Darm. Dort ist es direkt an der Verdauung von Fetten beteiligt. Nach erfolgreicher Verdauung wird ein Teil der Gallensäure resorbiert, während ein anderer Teil mit dem Kot ausgeschieden wird.

„Gutes“ und „Schlechtes“ Cholesterin

Als gutes und schlechtes Cholesterin werden fälschlicherweise das cholesterin- und die fettreichen Teilchen bezeichnet, die die Transportproteine enthalten. Das Cholesterin ist wasserunlöslich und muss deshalb für den Transport an Lipoproteine gebunden werden. Das LDL bringt Cholesterin zu diversen Gefäßen und Geweben, wohingegen das HDL überschüssiges Cholesterin von den Zielzellen zur Leber transportiert. Beide Lipoproteine sind dementsprechend am Gleichgewicht des Cholesterinstoffwechsels beteiligt.

Cholesterin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Hohe Cholesterinwerte begünstigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, in dem sie die Arterienverkalkung (Atherosklerose) fördern. Atherosklerose wiederum, sorgt für schlechtere Durchblutung, bis hin zum Infarkt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Vielmehr spielt das Gleichgewicht der beiden Lipoproteine LDL und HDL eine tragende Rolle. Überwiegt die LDL Funktion, so kommt es vermehrt zu „Verkalkung“ an den Gefäßwänden. Außerdem lassen sich die LDL Partikel in ihrer Größe und Zusammensetzung unterscheiden. Nicht jedes LDL ist ein Risikofaktor für die Gefäßwände.

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LDL Cholesterin

Der eigentliche Hauptverursacher von Atherosklerose ist das oxidierte LDL Cholesterin (oxLDL). Im Besonderen handelt es sich um kleine LDL Partikeln, den sogenannten small dense LDL. Die kleineren Partikel neigen eher zu einer Reaktion mit freien Radikalen, sie oxidieren leichter. Das small dense LDL kann durch die innere Schicht der Gefäßwand gelangen. Wenn es dabei oxidiert, also ein Elektron an ein freies Radikal verliert, können die Zellen es nicht mehr über ihre LDL – Rezeptoren aufnehmen. Schlimmer noch, die oxidierten Cholesterinpartikel wirken zytotoxisch, schädigen demnach die Zellen. An diesem Punkt schaltet sich das Immunsystem ins Geschehen ein.

Fresszellen (Makrophagen) fördern Atherosklerose

Auch die Makrophagen können das oxidierte LDL nicht über ihre LDL – Rezeptorn aufnehmen. Stattdessen oxidieren sie das LDL noch weiter und nehmen es über den sogenannten Scavanger Rezeptor auf. Dieser Oberflächenrezeptor dient normalerweise zur Erkennung von Bakterien und anderen Erregern.
Die Aufnahme des oxidierten LDL kann über den Scavanger Rezeptor nicht aktiv gesteuert werden. Die Fresszellen nehmen es solange auf, bis sie zu Schaumzellen werden. Stark beladen mit Cholesterin und Fettsäuren, verursachen die Schaumzellen Entzündungen in den Gefäßen und fördern die Atherosklerose.

Wie ist die Situation heute?

Wenn es nach der American Heart Association geht, sind gesättigt Fettsäuren immer noch nicht rehabilitiert. Viele Studien können allerdings zeigen, dass einige gesättigte Fettsäuren eine positive Wirkung auf das Gesamtcholesterin haben. So scheint z.B. Kokosöl, vor allem das HDL – Cholesterin zu erhöhen. Dies ist natürlich keine kein Zeichen für ein geringeres Atherosklerose – Risiko, wie es manche gern glauben wollen. Andererseits bedeutet es, dass es mehr Forschung bedarf. In der Ernährungsmedizin wird meines Erachtens nach zu häufig voreilig Geschlussfolgert und umsonst Panik verbreitet. Jeder versucht seine Ernährungsweise als die beste zu Verkaufen. Doch nicht jedes Ernährungskonzept ist für jeden Menschen geeignet. Denn wie überall gilt, es gibt Ausnahmen von der Regel.

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